Mittwoch, 28. September 2011

Indien - Reisebericht Teil 5: Ver(w)irrt

Der Junge, der sich seine Portion gespritzt hat, begleitet mich noch ein wenig. Mir fällt auf einmal etwas ein und dabei wird mir trotz dem mohnigen Schutzzauber doch irgendwie bange: In Indien erhält man Gefängnisstrafen von mindestens 10 Jahren, wenn man mit Drogen von der Polizei erwischt wird. Egal, welche Droge und welche Menge. Und das mit den 100 Dollar Bakschisch funktioniert angeblich schon lange nicht mehr so reibungslos.
Schaurige Bilder von düsteren Kerkern mit Kakerlaken und überfüllt mit ausgehungerten Menschen ziehen an meinem inneren Auge vorbei.
Die wahrscheinlichkeit, erwischt zu werden, schätze ich auch nicht mal als so gering ein. Ich habe gar nicht erwähnt, dass ich und Ravi, als wir in der vorangegangenen Nacht zusammen mit dem Roller gefahren sind, von einem Polizisten angehalten worden sind. Dieser hat meine Taschen durchsucht und Ravi völlig unangetastet gelassen. Kurz habe ich auch schon den Verdacht gehabt, dass Ravi mich absichtlich in eine Polizeikontrolle gelotst hat, weil er um meinen Geisteszustand wusste und vielleicht mit dem Polizisten, für den Fall, dass ich noch etwas in den Taschen hätte, gemeinam abkassieren wollte.
Na jedenfalls hat der uniformierte gesagt, dass er mir ansieht, wie drauf ich bin: "I can see it!" Gott sei dank hatte ich nur den einen LSD-Tropfen gekauft und ihn auch gleich auf der Zunge zergehen lassen. So musste ich nur kurz meine Taschen ausleeren und wir konnten weiterfahren. Ich verabschiedete mich mit den Worten: "Alkohol is my Drug!" Der Polizist: "Don't drink too much!"

Da steh ich also am Strand, mit dem Heroinbriefchen in der Hand und überlege, wo ich es gut verstecken kann, um mich sicherer zu fühlen. Nicht einfach in die Hosentasche! Ich habe sonst nur ein T-shirt an und Badelatschen.
In der Geldtasche gibt es auch kein wirkliches Versteck. Also stecke ich mir das Briefchen kurzerhand unter die Fusssohle, zwischen nackten Fuss und Schuhsole. Wir laufen keine 100 Meter und ich merke, dass ich das Briefchen verloren habe. Wir suchen gemeinsam, er findet nach etwa 5 Minuten das Päckchen und gibt es mir. Erleichterung. Nun stecke ich es doch einfach zwischen ein paar Geldscheine.
Dann geht's auf das Banana-Festival. Festival ist gut, es ist mehr eine Ansammlung von Ständen mit Essen, Trinken und Kleidung und ich werde von einem winzigen Kind mit riesigen Augen angebettelt. Es zupft mir an der Hose. Ich finde es in diesem Moment einfach nur niedlich. Es grinst so seelenleicht. In einigen Jahren wird ihm das Betteln wohl weniger Spiel, als vielmehr knallharter Überlebenskampf sein. Ich gebe 10 Rupees. Für mich nichts, für das Kind oder wem auch immer das Geld letztendlich zu kommt eine Mahlzeit.

Der Junge, der mir das Heroin besorgt hat, verabschiedet sich. Ich laufe völlig bedröhnt den Strand entlang. Bald möchte ich mich irgendwo hinlegen. Also auf gehts, das Haus der Geschäftsmänner suchen. Dort liegt noch etwas von mir und es ist einfach das nächste Bett. Wie ich nach Anjuna Beach zurückkomme ist mir vorerst ein Rätsel und ich werde dieses ein ander Mal lösen.
Doch der Rückweg gestaltet sich komplizierter als erwartet. Und es liegt nicht nur an meiner Dichtheit. Nicht nur sieht bei Dunkelheit alles anders aus, die Straßen in Indischen Städten sind sowieso ein recht undurchschaubares Gewirr.
Ich habe als Orientierungspunkt nur eine Kreuzung. Diese erreiche ich auch. Und dann? Nach links. Soviel ist sicher. Aber dann verlaufe ich mich gnadenlos. Ich laufe viel zu lange. Hier kann es gar nicht mehr sein. Doch es macht mir großen Spass, durch die Straßen zu laufen, meine Stimmung ist nach wie vor überragend. Ich kaufe mir einen Strohhut, als wäre das das sinnvollste, was ich tun kann. Dann fällt mir ein: Vicky hat mir seine Handynummer aufgeschrieben! Auf ins nächste Telefonhäuschen, wovon es in Indien an jeder Ecke eines gibt. Vicky geht ran. Ich erkläre ihm kurz die Situation und er nennt mir ein Restaurant oder so, wo ich hingehen soll. Von dort aus gehe direkt die kleine Gasse zum Haus ab. Ich bedanke mich und mache mich auf den Weg. Kurz darauf muss ich Vicky nochmal anrufen und nach dem Namen fragen. Im Telefonladen frage ich dann nach dem Weg zu besagtem Restaurant. Sie erklären es mir: Einfach nur die Straße entlanglaufen. Ich bin also vorher schon dran vorbeigekommen! Schließlich finde ich es ohne weitere Zwischenfälle und die Jungs von der Company begrüßen mich herzlich.

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